Das thermische Raumklima ist der Schlüssel zu einer idealen Lernumgebung

Wie die Breischüsselchen im bekannten Märchen von Goldlöckchen und den drei Bären sollte das Klassenzimmer weder zu warm noch zu kalt sein, sondern genau die richtige Temperatur haben.

Ein wichtiger Aspekt bei der Gestaltung von Klassenzimmern ist die Schaffung guter thermischer Bedingungen, die auf energieeffizienten Technologien wie natürlicher Lüftung, Sonnenschutz und intelligenter Gebäudegestaltung (für die wärmeren Monate) sowie effizienter, regelbarer Heizung (für die kälteren Monate) basieren.

Es wird zunehmend eingeräumt, dass es die „natürliche“ Wohlfühltemperatur nicht gibt. Die besten Ergebnisse in Bezug auf Kühlung und Heizung lassen sich erzielen, wenn die Bewohner selbst Anpassungen vornehmen können, beispielsweise durch den Zugang zu einzeln bedienbaren Fenstern, individuell einstellbaren Sonnenschutz, eventuell auch Tischventilatoren und andere Geräte. Ganz allgemein sollte ein Gebäude den Menschen so wenig wie möglich von der Umgebung abschirmen und ihm nur so viel Schutz wie nötig bieten¹.

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In allen europäischen Ländern gibt es Richtlinien für eine Mindestraumtemperatur in Klassenzimmern, die per Gesetz oder in Normen festgelegt sind. Diese Mindestanforderungen variieren von Land zu Land und je nach Jahreszeit, liegen jedoch in einer Spanne von 17 °C bis 20 °C. Eine Vorgabe für die maximale Raumlufttemperatur in Klassenzimmern ist weitaus seltener anzutreffen. Diese liegt dann zwischen 22 °C und 29 °C.

Seit einigen Jahrzehnten befasst sich die Forschung mit dem Zusammenhang zwischen einer optimalen Temperaturspanne und besseren Lernergebnissen. Von Zeiler und Boxem (2009)² stammt eine eingehende Studie zur Untersuchung der Effekte wärmebedingter Eigenschaften in Schulen auf die Lernleistung der Schüler.

Mendell und Heath (2005)³ wiederum sichteten Hinweise für die Wirkung des Raumklimas sowohl auf Leistungsverhalten als auch Aufmerksamkeit, während Fisk (2017)⁴ eine umfangreiche Literaturübersicht über Lüftungsprobleme in Schulen und deren Auswirkungen auf die Leistung, Gesundheit und Fehlzeiten von Schülern erstellt hat.

Diese Studien haben gezeigt, dass Schüler mit steigender Temperatur und Luftfeuchtigkeit ein wachsendes Unbehagen verspüren und dass sich Lernleistung und -ergebnis infolge abnehmender Konzentrationsdauer verschlechtern.Hohe Raumtemperaturen sind auch mit Kopfschmerzen sowie Augen-, Nasen-, Ohren- und Rachenbeschwerden verbunden.

Eine hohe Luftfeuchtigkeit wiederum konnte mit vermehrtem Auftreten von Schimmelpilzen in Verbindung gebracht werden, was seinerseits bestimmte Symptome verursachen oder verschlimmern kann.

Möglichkeiten der Kühlung

Die natürliche Belüftung durch Öffnen der Fenster und Tageslichtsysteme im Dach ist eine schnelle und direkte Möglichkeit, auf das thermische Raumklima Einfluss zu nehmen. Ein offenes Fenster erzeugt vermehrte Luftbewegung, und wenn die Außentemperatur niedriger ist als die Raumtemperatur, dann sinkt die Raumtemperatur.

Diagramm mit durchschnittlichen Belüftungszeiten im Klassenzimmer

Diese Grafik aus der SINPHONIE-Studie, an der 114 Schulen in 23 europäischen Ländern teilnahmen, liefert einen klaren Hinweis auf die Zeiten, in denen die Fenster tagsüber geöffnet werden. Zur Nachtlüftung liegen keine Nachweise vor.

Selbst wenn die Lufttemperatur draußen leicht höher ist als drinnen, bewirkt die durch den Luftzug erhöhte Luftgeschwindigkeit eine Kühlung des menschlichen Körpers.

Die natürliche Lüftung zur Kühlung kann auf zwei Arten erfolgen – die Tag- und die Nachtlüftung:

  • Bei der Lüftung während des Tages wird überschüssige Wärme aus dem Gebäudeinneren abgeleitet, indem ein hohes Maß an Luftbewegung erzeugt wird.
  • Nachtlüftung (auch passive Kühlung genannt) kühlt thermische Gebäudemassen (Wände, Böden, Möbel etc.) während der Nacht mit kühler Außenluft herunter. Am folgenden Tag wird weniger Kühlenergie im Gebäude benötigt, da die thermische Masse bereits abgekühlt ist.

Auch die Ausrichtung des Klassenzimmers und die Beschattungssteuerung spielen eine wichtige Rolle bei der Schaffung gleichbleibender thermischer Behaglichkeit. Große Fenster und Oberlicht-Module können so ausgerichtet werden, dass in den Wintermonaten maximales Sonnenlicht einfallen kann. Mit verstellbaren Beschattungselementen kann das Sonnenlicht in den Sommermonaten nach Bedarf abgeschirmt werden. 

Feldstudien zeigen, dass Menschen in natürlich belüfteten Gebäuden höhere Temperaturen tolerieren⁵. Die dadurch hervorgerufene Anpassung des Körpers auf seine Umgebung wird adaptive thermische Behaglichkeit genannt. Die Gestaltung von Räumen unter Berücksichtigung der adaptiven thermischen Behaglichkeit setzt voraus, dass der Mensch seine Kleidung beliebig anpassen und Fenster bedienen kann.

Die Folge der Anpassung ist, dass durch natürliche Lüftung, Sonnenschutz und intelligente Gebäudegestaltung auch in warmen Klimazonen ohne Klimatisierung eine thermische Behaglichkeit erreicht werden kann. In Ländern mit sehr hohen Sommertemperaturen können neben der natürlichen Lüftung und Beschattung auch Deckenventilatoren oder mechanische Klimaanlagen erforderlich sein.

Möglichkeiten der Wärmeerzeugung

Die Studie „Clever Classrooms“ (2015)⁶ ergab, dass sich im Winter eine bessere Temperaturregelung erzielen lässt, wenn die Räume mit Thermostatheizkörpern ausgestattet sind. Im Vergleich dazu schnitt die Fußbodenheizung schlechter ab: Aufgrund längerer Vorlaufzeiten ist eine gezielte Regulierung der Temperatur in den einzelnen Klassenzimmern schwierig.

Die Studie empfiehlt darüber hinaus, dass alle Methoden der Temperaturkontrolle in Klassenzimmern leicht bedienbar und für Lehrer leicht zugänglich sein sollten.

Quellen

  1. https://www.velux.com/article/2016/health-matters
  2. Zeiler & Boxem (2009). Effects of thermal activated building systems in schools on thermal comfort in winterBuilding and Environment.  
  3. Mendell and Heath (2005). Do Indoor Pollutants and Thermal Conditions in Schools Influence Student Performance? A Critical Review of the Literature. Indoor Air
  4. Fisk (2017) The ventilation problem in schools: literature review. Indoor Air
  5. de Dear and Brager (1998). Developing an Adaptive Model of Thermal Comfort and Preference. ASHRAE Transactions
  6. Clever Classrooms (2015), Summary report of the HEAD project, University of Salford, Manchester